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  Lisa - Kapitel 2: Was kann Lisa? 17.11.2025 16:36 (UTC)
   
 

Lisa

Kapitel 2: Was kann Lisa?


„Was sagst du? Eine Leiche? Hier an unserer Schule?"

„Das konnte ich so raus hören, aber gesehen habe ich nichts."

„Naja, es sieht schon irgendwie danach aus. Hast du auch gehört, wer es ist?"

„Nein, das weiß wohl noch niemand. Angeblich aber jemand aus der Oberstufe. Ich bin schon mal froh, dass du noch hier bist."

„Oberstufe? Hast du Benny und Andy schon gesehen?"

„Ähm, nein? Wobei ich die beiden ja auch nicht wirklich kenne oder weiß wie die aussehen."

„Sorry Lisa, dann muss ich die beiden erst suchen. Bleib bitte hier, ich bin gleich wieder da, ok?"

„Na gut."

Freitag, 7:46 Uhr

Ich stürze mich in die Menge und halte Ausschau nach meinen beiden Freunden. Überall sehe ich verzweifelte und verängstigte Gesichter. Sogar die ersten Eltern sind schon hier um ihre Kinder wieder heim zu bringen. Heute wird die Schule wohl ausfallen. Doch da ich Benny und Andy nicht sofort finden kann, wird mir etwas mulmig. Ich meine, niemand weiß bisher was genaues, aber was, wenn es einer von ihnen ist?

Die Haufen an Menschen wird immer größer. Auch andere Schaulustige haben sich jetzt unter die Schüler gemischt. Doch keine Spur von den Beiden. Ich will gerade zurück zu Lisa gehen, als mein Blick auf einen Polizisten fällt, der etwas abseits steht und mit jemanden diskutiert, der von weitem wie Andy aussieht. Sofort eile ich zu ihm hin und als er mich bemerkt, kommt er mir entgegen.

„Jack! Zum Glück bist du hier! Hast du Benny gesehen?"

„Nein, du etwa auch nicht?"

Er schüttelt den Kopf und kramt dabei sein Handy aus der Tasche.

„Ich hab ihm auch schon zehn Mal geschrieben und sogar angerufen, aber er meldet sich einfach nicht. Normalerweise ist er doch der Erste von uns der hier ist."

„Verdammt, jetzt verpasst er Alles.", scherze ich, um meine Angst etwas zu überspielen.

„Was machen wir jetzt?"

„Er wohnt nicht weit von hier, wir sollten bei ihm Zuhause vorbei schauen."

„Klingt nach 'nem Plan. Also los!"

Wir nehmen die Beine in die Hand und sprinten los in Richtung des nahegelegenen Wohngebietes. Zwei weitere Streifenwagen kommen uns mit Blaulicht entgegen. Jeder Schritt nährt die Angst in mir, dass Benny etwas zugestoßen sein könnte. An der nächsten Kreuzung müssten wir es sehen. Wir sind beide nicht die sportlichsten, aber heute rennen wir wie nie zuvor.

„Da vorne muss es sein!", ruft Andy.

Doch als wir abbiegen, trifft uns der Schock. Vor Bennys Haus stehen ebenfalls Polizisten mit ihren Wagen, wenn auch ohne Blaulicht. Vor Schreck bleiben wir beide stehen.

„D-das muss doch nichts heißen, oder?", fragt Andy, der es einfach auch nicht glauben kann.

Doch statt zu antworten, nähere ich mich dem Haus, bis mich ein Beamter stoppt.

„Bitte benutzen Sie den Gehweg auf der anderen Straßenseite.", sagt er ganz höflich zu mir und Andy, der gerade hinter mir ankommt.

„Wir möchten aber zu dem Haus da.", erkläre ich ihm und zeige auf das Gebäude mit dem halben Dutzend Polizisten davor.

„Das ist gerade 'ne ganz schlechte Idee.", entgegnet er mir.

„Aber wir kennen die Bewohner."

„Hör zu, Kleiner, ich hab Befehl hier keinen in die Nähe des Hauses zu lassen, also gib's auf."

Ich glaube, mehr Beweise braucht es nicht. Ich drehe mich von ihm weg und trotte blind die Straße entlang. Hinter mir diskutiert Andy immer noch, aber das wird wohl nichts bringen.

„Jack!", ruft mich plötzlich eine Stimme.

Ich blicke wieder vom Boden auf und sofort hängt mir wieder Lisa um den Hals.

„Es tut mir so Leid, Jack!"

„Hm?"

„Irgendjemand hat es bestätigt und das hat sich natürlich sofort verbreitet."

„Ok."

Montag

Das ganze Wochenende habe ich mich in meinem Zimmer eingeschlossen. Ohne Fernseher, ohne PC, ohne Handy, ohne Sonnenlicht. Nur ich alleine mit mir selbst. Andy hat es wohl noch schlimmer erwischt. Angeblich hat er seitdem nichts mehr gegessen und mit niemanden mehr geredet. Ich hoffe, es geht ihm bald besser. Auch ich habe keinen Kontakt zu ihm gehabt, aber unsere Eltern haben sich wohl unterhalten. Aber von Bennys Eltern haben sie auch noch nichts gehört.

8:26 Uhr

Ich bin mir nicht mal sicher ob heute schon wieder Unterricht ist. Früher als zur zweiten Stunde habe ich es nicht geschafft. Ich weiß auch nicht, warum ich überhaupt herkomme. Erwartet wird das bestimmt noch nicht von mir. Aber alleine daheim wird es nicht besser. Ich muss Menschen sehen. Ich muss ... Lisa sehen.

Kurz vor Beginn der zweiten Stunde komme ich an meinem Klassenzimmer an. Schon draußen werde ich von allen angestarrt. Als ich den Raum eintrete, ist es auf einmal ganz still. Niemand sagt etwas, doch jeder sieht mich an. Als es klingelt, bemerkt mich auch endlich Herr Gölz, der mit seinen Unterlagen beschäftigt war.

„Oh, guten Morgen Jack, schön dich hier zu sehen. Aber du weißt, dass du noch nicht wieder zum Unterricht erscheinen musst?"

Natürlich weiß ich das. Auch, dass alle Lehrer jetzt außergewöhnlich nett zu mir sind beziehungsweise sein müssen. Aber das ändert nichts an der Situation.

„Du darfst jederzeit gehen, Jack. Im Lehrerzimmer ist eine Psychologin, da darfst du hingehen wenn dir nicht gut ist. Das gilt übrigens für euch alle. Wenn euch was bedrückt, erzählt es ihr und-"

Ein paar Sätze und ich habe schon wieder genug von ihm. Es war eine dumme Idee her zu kommen. Aber ich bin ja eigentlich nicht wegen Herrn Gölz da.

09:09 Uhr

Nicht einmal eine Unterrichtsstunde habe ich durchgehalten. Am liebsten wäre ich in Lisas Klasse gerannt und hätte sie da raus geholt, damit sie bei mir ist. Aber dazu fehlt mir dann doch der Mut. Ich hoffe trotzdem, dass sie in der großen Pause hier her in den Stillarbeitsraum kommt. Das scheint unser Treffplatz zu werden. Ich habe diesen Raum nie wirklich gekannt, aber jetzt ist er mir in kürzester Zeit verdammt wichtig geworden.

Es klingelt und innerhalb von Sekunden ist das Treppenhaus voll mit Schülern. Ich halte Ausschau nach Lisa, aber da draußen sind nur Unterstufler. Kurz hintereinander kommen zwei Lehrer durch das Zimmer, doch sie sagen nichts und versuchen nur mich irgendwie anzulächeln. Sie wissen genauso wenig, wie sie mit der Situation umgehen sollen, wie ich.

Die nächsten fünf Minuten dringt nur der Lärm vom Pausenhof herein und meine Hoffnung, Lisa zu sehen, schwindet mit jeder Sekunde. Vielleicht ist sie nicht hier, weil sie dachte, ich würde nicht kommen? Wobei, ich bin ja nicht der einzige Grund. Dann fällt mein Blick auf Treppe und ich erkenne sofort eine Kapuze wieder. Sie schaut auf und bemerkt mich, wie ich hier alleine versunken im Stuhl sitze.

„Jack, du bist hier?", fragt sie aufgeregt als sie den Raum betritt.

Ich habe meinen Kopf mit meinen Armen auf den Tisch gelegt. Das ist mein kläglicher Versuch von ihr mehr Mitleid und Zuspruch zu bekommen, weil ich das jetzt einfach brauchen kann. Ihr glaube ich das auch, nicht so wie den Lehrern. Doch statt sofort zu mir zu kommen und mich zu umarmen stellt sie ihre Tasche neben dem Stuhl ab und setzt sich mir gegenüber an den Tisch.

„Geht es dir gut? Ich meine, wie geht es dir?"

Auch nicht das was ich hören wollte. Sie scheint jetzt schon von der Situation überfordert zu sein.

„Kann ich irgendwas für dich tun?"

„Drück mich.", flüstere ich.

„Was?"

„Umarme mich bitte."

„Ok?", sagt sie, zögert dann aber damit, etwas zu machen.

Ganz langsam löst sie sich vom Stuhl und bleibt dann stehen. Sie erwartet wohl, dass ich dasselbe tue. Als sie merkt, dass ich mich nicht bewegen werde, kommt sie zögerlich auf meine Seite des Tischs. Abermals bleibt sie stehen, direkt neben mir. Dann endlich beugt sie sich leicht zu mir herunter und drückt mich etwas mit einem Arm.

Ich seufze einmal laut. Es ist einfach kein Vergleich zu einer Umarmung mit Eigeninitiative. So sehr hatte ich mich darauf gefreut sie zu sehen, doch meine Erwartungen waren viel zu hoch. Als sie merkt, dass ihre Bemühungen nichts bringen, nimmt sie neben mir Platz.

„Kann ich sonst noch was für dich tun?"

„Weiß man schon wer's war?"

„Wer was war?"

„Na du weißt schon..."

„Sie sind gestern Abend mit der Beweisaufnahme fertig geworden."

„Kannst du nicht in irgendeinen Traum von denen eindringen und mir sagen wer es war?"

„Und was willst du dann machen?"

„Keine Ahnung. Aber kannst du's oder nicht?"

„Das ist verboten."

„Woher weißt du das?"

„Das weiß ich eben, Jack. Und wenn die wüssten, wer das getan hat, dann hätten sie ihn schon lang festgenommen. Die stehen noch am Anfang ihrer Ermittlungen."

„Kannst du mir einen Gefallen tun?"

„Wenn es nichts mit Träumen zu tun hat."

„Bleibst du heute bei mir?"

20:59

Es wird schon langsam dunkel als wir uns verabschieden. Diesmal mit einer richtigen Umarmung. Trotz der späten Stunde besteht sie darauf, alleine nach Hause zu fahren. Bis uns der Hausmeister rausgeschmissen hat, saßen wir noch im Stillarbeitsraum und haben uns zum ersten Mal richtig unterhalten. Hauptsächlich über Benny, Andy und mich. Ich erzählte ihr von unseren Ausflügen zum Baggersee, unseren DVD-Abenden und all dem anderen Unsinn, den wir drei so angestellt haben. Mehrfach kamen mir die Tränen, doch Lisa schwieg einfach nur.

Dienstag, 8:04 Uhr

Die Klingel an unsere Türe hat mich geweckt und somit erlöst. Es war ein Alptraum, aber auch wieder nicht. Eine Mischung aus beidem, aber es kam Benny vor und er war so wie er immer war, nur irgendwie anders. Man bekommt dieses Gefühl, das etwas mit dem Traum nicht gestimmt hat, erst nachdem man aufgewacht ist. Hoffentlich hatte Lisa nichts damit zu tun.

„Jack! Bitte zieh dich schnell an und komm runter. Hier ist ähm ... Besuch für dich!", ruft meine Mutter, noch bevor ich richtig wach bin.

„Wer denn?"

„Es ist dringend!"

Es klingt wirklich ernst. Rasch ziehe ich mir etwas über und schnappe mir mein Handy. Auf dem halben Weg nach unten kann ich bereits erkennen, wer in der Türe steht. Die beiden Männer in ihren blauen Uniformen lösen in mir sofort ein Unbehagen aus.

„Ah, Sie müssen Jack sein.", sagt einer der beiden als ich mich neben meine Mutter in den Flur stelle.

„Ähm, ja", antworte ich unsicher.

„Entschuldigung für das Stören am frühen Morgen. Ich bin Kommissar Schmidt und das ist Kommissar Jenko von der örtlichen Polizeidienststelle."

„Aha, guten Morgen."

„Wir kommen am besten gleich zur Sache und daher frage ich Sie direkt, ob Sie uns bitte aufs Revier begleiten würden."

„Warum denn das?", frage ich völlig vor den Kopf gestoßen.

„Wir hätten da ein paar Fragen an Sie, die Sie uns bitte beantworten sollen."

„Geht das nicht auch hier?"

„Ähm, theoretisch schon, aber wir würden dann gleich noch eine DNA-Probe und Ihre Fingerabdrücke nehmen, wenn Sie das gestatten."

„Bin ich etwa Verdächtiger oder sowas?"

„Darüber darf ich Ihnen bisher leider keine Auskunft geben."

„Wer solche Fragen stellt und sich so sehr weigert macht sich sehr verdächtig.", sagt der andere Beamte plötzlich.

Diese Aussage verunsichert mich extrem, obwohl ich mir keiner Schuld bewusst bin. Egal was die beiden sagen, man fühlt sich eingeschüchtert und hat Angst, das Falsche zu sagen.

„Brauche ich irgendwas?", frage ich nach kurzer Bedenkzeit.

„Wenn Sie Ihren gültigen Personalausweis haben, können wir los."

Mein Geldbeutel steckt noch seit gestern in meiner Hose und daher stimme ich zu, gleich los zu fahren. Zum ersten Mal in meinem Leben nehme ich in einem Streifenwagen platz. Hinten. Dort wo die Verbrecher sitzen. Die Vergewaltiger und Mörder saßen hier, wo ich jetzt auch bin. Auch wenn mir keine Handschellen angelegt wurden, fühle ich mich doch wie ein Gefangener. Die Vordersitze sind abgeriegelt und die Türen kann ich nicht selbst von innen öffnen. Bauen wir einen Unfall, sitze ich hier fest.

Die zehn Minuten Fahrt kommen mir wie Stunden vor. Ununterbrochen halte ich Ausschau nach Leuten, die ich kenne, um mich rechtzeitig zu ducken. Wenn dich jemand in einem Polizeiwagen sieht kannst du ihm noch so oft sagen, dass du nichts getan hast, er wird es weitererzählen und dann wirst du das nie wieder los. Und der Weg führt natürlich ausgerechnet an meiner Schule vorbei. Doch zum Glück hat der Unterricht begonnen, sodass nur noch ein paar vereinzelte Menschen an den Bushaltestellen rumstehen.

Aber dann fällt mein Blick auf jemanden, der dort sitzt, wo ich normalerweise aussteige. Es ist immer noch derselbe Kapuzenpulli. Sofort beginne ich mit den Armen zu wedeln und ihren Namen zu rufen, aber aus dem Streifenwagen dringt vermutlich nichts zu ihr durch. Dennoch steht sie auf und blickt dem Auto hinterher. Ob sie mich doch bemerkt hat? Wir biegen ab und ich verliere Blickkontakt zu ihr.

„Wer ist Lisa?", fragt Schmidt und kramt einen Notizblock heraus.

„Nur eine ganz normale Freundin.", antworte ich ihm und richte mich wieder nach vorne aus.

Wir erwartet schreibt er sich das sofort auf. Da ich nicht zu auffällig sein möchte, kann ich nur schlecht einen Blick auf das Blatt erhaschen, aber es scheint dort schon eine ganze Menge zu stehen. Was wissen die schon alles über mich?

Um halb neun kommen wir an. Die erste Schulstunde ist gerade vorbei. Ich trete in das Gebäude ein und sehe ein dutzend Beamte, die ihre Blicke sofort auf mich richten. Meine beiden Begleiter gehen neben mir her und führen mich so direkt an die Theke heran.

„So, das ist er. Sag Bescheid wenn du mit ihm fertig bist."

„Alles klar, mach ich.", sagt der Mann hinter der Glaswand zu seinen Kollegen, die sich daraufhin abwenden.

Angespannt stehe ich vor ihm und warte darauf, was als Nächstes passiert. Es sieht hier ganz anders aus, als ich aufgrund von Filmen und Serien erwartet habe und das macht es noch schlimmer. Alles wirkt so... normal.

„So, du bist also Jack? Ich darf dich doch so nennen, oder?", fragt der Beamte hinter dem Glas plötzlich.

„Ähm, ja, natürlich."

„Gut, Jack, ich bin Hans. Wir nehmen jetzt deine Fingerabdrücke, ok? Hast du denn deinen Ausweis dabei?", sagt er und hat plötzlich diese du-bist-ein-Kind-und-deshalb-rede-ich-mit-dir-ganz-komisch-und-nett-Stimme aufgesetzt.

Ich hole meinen Geldbeutel und lege ihm den Ausweis in die Durchreiche im Glas. Er schaut ihn sich kurz an, dann wieder mich und dann tippt er etwas in seinen PC ein. Er reicht mir ein kleines Gerät mit einem Touchscreen durch.

„So, damit nehmen wir deine Fingerabdrücke auf. Alles digital, voll High-Tech, oder?"

Er erwartet eine Antwort von mir, aber ich schaue ihn nur komisch an, da er auf dem Ausweis eigentlich hätte sehen müssen, dass ich kein Kind mehr bin, auch wenn ich vielleicht für ihn so aussehe.

„Also, hier oben steht dein Name und direkt darunter steht, welchen Finger du drauf drücken sollst."

Da ich "rechter Daumen" darauf lese, hebe ich meine rechte Hand, doch bevor ich etwas damit machen kann, greift er nach ihr und nimmt meinem Daumen.

„Schau, der kommt jetzt ganz feste-"

„Ich hab's kapiert.", sage ich und ziehe meine Hand weg.

Genug der Höflichkeit, irgendwann reicht es. Nachdem sie alle zehn von mir haben und ich in eine kleine Tube gespuckt habe, schickt er mich einen Gang hinunter, an dessen Ende Schmidts Büro sein soll. Ich klopfe an die Türe, doch statt hereingebeten zu werden, öffnet er die Türe.

„Ah, Sie sind fertig. Hier drin kann ich Sie leider nicht befragen, wir müssen in einen Verhörraum."

Genau das wollte ich nicht hören. Jeder der Mal einen Krimi gesehen hat weiß, was da drin so alles passieren kann. Aber ich habe ja wohl keine Wahl, wenn ich mich nicht noch verdächtiger machen will. Außerdem scheint dieser Beamte jetzt sogar ganz nett zu sein.

„Also, nur um es klar zu stellen und für die Aufzeichnungen, es geht um den Fall Benjamin Knopf. Wo waren Sie zum Tatzeitpunkt, letzten Freitag, circa 7:20 Uhr?"

„Im Bus."

„Gibt es dafür Zeugen?"

„Alle die im Bus waren? Oder fragen Sie den Busfahrer, wir kennen uns persönlich."

„Wir war Ihr Verhältnis zum Opfer?"

„Wir waren Freunde. Sogar beste Freunde würde ich sagen."

„Wann haben Sie Benjamin das letzte Mal lebend gesehen?"

„Am Tag davor, in der Mittagspause. Zusammen mit Andy."

„Haben Sie sich gestritten?"

„Klar, Meinungsverschiedenheiten gibt es immer Mal wieder."

„Nein, ich meinte an jenem Tag."

„Ähm, nicht das ich wüsste?"

„Da habe ich hier aber etwas Anderes stehen.“

„Wer hat Ihnen das erzählt? Das stimmt nicht! Wir haben uns nicht gestritten! Wir haben nur…“

„Ja?“

„Naja, es war vielleicht ein etwas abrupter Abschied, aber nie ein Streit. Wer hat Ihnen das erzählt?“

„Das kann ich leider nicht sagen.“

„Ach, und was können sie mir dann sagen? Mein bester Freund ist tot, Sie halten mich hier fest, stellen mir komische Fragen, verdächtigen am Ende wahrscheinlich noch mich warum auch immer und ich weiß nicht mal wie er gestorben ist, weil man uns einfach nichts erzählt! Hören Sie, ich möchte Ihnen so sehr ich kann bei den Ermittlungen helfen, aber dazu müssen Sie erst mir helfen. Sagen Sie mir, was Sie wissen.“

Er schaut angestrengt auf seinen kleinen Notizblock und blättert immer wieder vor und zurück.

„In Ordnung, aber eine Frage habe ich noch. Wie haben Sie am Freitagmorgen von dem Vorfall erfahren?“

„Als ich mich der Schule näherte standen schon alle vor dem Absperrband und eine Freundin hat mir dann erzählt, dass wohl eine Leiche gefunden wurde.“

„Eine Freundin? Die von vorhin?“

„Genau.“

„Wie war doch gleich ihr Name?“

„Ist der wichtig?“

„Im Moment ist jede noch so kleine Information wichtig.“

„Sie hat nichts damit zu tun, ich kenne sie noch nicht mal lange. Sie wird ihnen nicht helfen können.“

„Ihren Namen oder Sie erfahren nichts über Ihren Freund.“

„Wollen Sie mich erpressen?“

„Wir finden ihren Namen auch ohne Sie heraus, aber Sie könnten den Vorgang beschleunigen und selbst noch einen Vorteil daraus ziehen.“

„Lisa. Lisa Rose.“

„Vielen Dank.“

„Also, was ist mit Benny passiert?“

„Ok, ich muss das nochmal explizit klarstellen: Das sind vertrauliche Informationen, ich teile sie mit Ihnen, weil ich denke, dass Sie nichts damit zu tun haben. Aber schon das dürfte ich Ihnen eigentlich nicht sagen. Aber wir können jede Hilfe gebrauchen. Also, kein Wort an niemanden, verstanden?“

„Geht klar.“

Mein Puls steigt spürbar an. Auf einmal wird mir heiß und ich beginne zu schwitzen. Zwar war ich bisher schon angespannt, aber der wirkliche wichtige Teil kommt jetzt.

„Ihr Freund Benjamin Knopf wurde am Freitagmorgen von einer derzeit noch unbekannten Person aufgelauert und im zweiten Stock des Schulgebäudes angegriffen. Der Obduktionsbericht ergab, dass ihm zuerst mit einem scharfen Gegenstand die Hauptschlagader am Hals durchtrennt wurde und er dann, noch lebend, aus dem Fenster auf den Schulhof geworfen oder gestoßen wurde, wo ihn der Aufprall tötete.“

Geschockt sinke ich in meinen Stuhl. Zu viele Details auf einmal. In meinem Kopf spiele ich die Szene jetzt immer wieder und wieder ab. Wie kann jemand so brutal und skrupellos sein? Wie kann die Polizei hier rumsitzen und mir sinnlose Fragen stellen, wenn dort draußen so ein gefährlicher Mörder rumläuft?

„Wer… wer war es?“, frage ich nach einer langen Pause.

„Das ist das Problem, es gibt nicht einen Hinweis auf den Täter. Bisher hat sich niemand von Ihrer Schule gemeldet, der Jemanden verdächtiges gesehen hat.“

„Verstehe.“

„Wenn Sie noch was hören, was vielleicht auch ganz Unwichtig klingt, dann lassen Sie uns es wissen.“

„Mach‘ ich.“

„Wenn Sie sich als vertrauenswürdig herausstellen, werden wir auch weitere Ermittlungsfortschritte mit Ihnen teilen.“

„Danke.“

„Kann ich noch etwas für Sie tun?“

„Kann ich gehen?“

„Selbstverständlich. Wir sind hier fertig. Danke für Ihre Zeit.“

„Ja. Bitte.“

Der Polizist hält mir die Tür des Verhörraums auf und lässt mich durch. Mit langsamen Schritten gehe ich in Richtung Ausgang. Um mich herum wieder dutzende Beamte, die lachen, tratschen und Kaffee trinken. Vielleicht macht Bennys Mörder gerade genau dasselbe. Die Türe zur Straße hin öffnet sich automatisch und mir kommt die kühle Morgenluft entgegen.

„Hey.“

Plötzlich dringt Lisas Stimme an mein Ohr. Wie aus dem nichts steht sie plötzlich vor mir. Gerade so kann sie unter ihrer Kapuze hervorschauen. Ohne weiter nachzudenken umarme ich sie.

„Du warst nicht im Bus und dann fuhr der Polizeiwagen vorbei und irgendwas sagte mir, ich solle ihm folgen und-“

„Wir müssen hier weg.“

„Was? Warum?“

„Ich erzähl‘ dir alles.“

9:44 Uhr

„Oh mein Gott, das ist ja schrecklich, Jack!"

„Ja. Bitte erzähl es nicht weiter."

„Keine Angst, das werde ich nicht."

„Danke."

„Ist alles in Ordnung bei dir? Du wirkst so abwesend."

„Ich weiß nicht, es fühlt einfach gerade alles wie ein Traum an."

„Leider ist das aber keiner..."

Wir schlendern gemeinsam die Straße entlang, ohne wirklich ein Ziel zu haben. Zwanghaft versuche ich in Gedanken jemanden zu finden, der Benny das angetan haben könnte, aber mir ist niemand bekannt, mit dem er Streit hatte. Außer ich selbst, wenn man dem Polizisten glaubt. Aber ich denke auch, dass sie mich nicht mehr wirklich verdächtigen, sonst hätte er mir diese Details nicht erzählt. Was wenn doch? Wenn sie versuchen mir hier eine Fälle zu stellen indem sie mich in Sicherheit wiegen und auf einen Fehler meinerseits warten? Klingt doch sehr Paranoid. Aber es gibt nur einen Weg, es herauszufinden.

„Lisa?"

„Was ist?"

„Kannst du mir einen weiteren Gefallen tun?"

„Wenn du willst, bleibe ich heute wieder bei dir. Aber-"

„Nein, nein, heute nicht. Aber könntest du heute Nacht..."

„Jack!"

„Bitte! Bei irgendeinem Polizisten von hier! Ich muss wissen, was die von mir denken!"

„Schlag dir das endlich aus dem Kopf! Das ist nicht etwas, das ich zum Spaß mache! Zumindest meistens nichts. Außerdem ist das nicht so einfach! Ich kann nicht so mir nichts dir nichts in fremde Träume eindringen."

„Wie machst du es dann?"

„Das ist kompliziert."

„Dann erklär es mir?"

„Nicht jetzt."

10:11 Uhr

„Es war schön dich zu sehen Lisa, aber ich sollte jetzt heim. Viel wichtiger ist aber, dass du wenigstens noch die restlichen Unterrichtsstunden heute besuchst."

„Du solltest dich hinlegen Jack, du brauchst ein paar Tage mehr Ruhe als nur das Wochenende."

„Da hast wohl recht."

Sie lächelt und automatisch muss ich auch lächeln. Ihr süßer Blick stimmt mich einfach sofort glücklich. Ebenso ihre Umarmungen.

„Sag mal, hast du eigentlich ein Handy?", frage ich als sie noch ihre Arme um mich hat.

„Nein, ich lebe noch in der Steinzeit.", antwortet sie und lässt los.

Ich schaue enttäuscht, doch sie muss sofort lachen.

„Du hast mir das echt geglaubt? Wow, manchmal frage ich mich echt, was du von mir denkst.", sagt sie lachend.

„Das muss ich selber noch herausfinden.", flüstere ich unhörbar vor mich hin, „Kann ich dann deine Nummer haben? Weil wenn wir uns jetzt eine Weile nicht sehen und du vielleicht etwas herausfindest oder etwas mitgeteilt wird, damit du-"

„Klar. Hier.", unterbricht sie mich und hält mir ihr Handy hin, damit ich ihre Nummer abschreiben kann.

„Danke", sage ich und reiche es ihr zurück.

„Wir sehen uns.", erwidert sie und dreht sich um in Richtung der Schule.

Dienstag, 0:59 Uhr

Vermutlich sollte ich schlafen, doch ich fürchte mich davor, wieder von Benny zu träumen. Vor Allem, nachdem ich jetzt so viel mehr über die Situation weiß. Stattdessen lenke ich mich mit Computerspielen ab. Nebenbei habe ich mehrmals versucht, Andy zu erreichen, im Internet und per Handy, doch obwohl er online ist, bekomme ich keine Antwort. Ich wollte wissen, ob er die Dinge über den Mord auch schon erfahren hat oder sogar mehr weiß. Doch anscheinend will er nicht mit mir reden.

Plötzlich klingelt es an der Haustüre. Nicht nur einmal, sondern ohne Unterbrechung, kombiniert mit wildem Anklopfen. Meine Eltern sind noch bei einer Art „Stammtisch", haben aber eigentlich auch jeweils einen Schlüssel. Und auch wenn ich mich zunächst erschrecke und mich weigere, nach unten zu gehen, vernehme ich auf einmal zusätzlich noch laute Rufe.

„Jack! Jack, lass mich rein! Schnell! Ich bin's, Andy! Mach bitte die Türe auf!"

Ich eile sofort zu ihm und schließe auf. Er stürmt herein und drückt die Türe sofort hinter sich wieder zu.

„Schnell, schließ ab! Vielleicht ist er noch da draußen!"

„Ok, ok. Aber beruhig dich bitte. Was ist denn los?"

„Ich hab später noch Zeit mich zu beruhigen! Der Typ hat mich verfolgt!"

„Wer hat dich verfolgt? Und von wo?"

„Von unsere Schule bis hier her wahrscheinlich!"

„Du warst in der Schule? So spät?"

„Ich wollte... ich war bei ..."

„Ganz ruhig, Andy. Komm, setz dich erstmal hin. Hier drin bist du sicher von was oder wem auch immer du fliehst."

„Ok. Ok, ich bin ruhig. Ich bin ganz ruhig."

Ich habe ihn in die Küche gelotst und ihn an den Tisch gesetzt. Er ist völlig verschwitzt und kreidebleich.

„Gut, Andy, willst du vielleicht was trinken?"

„Nein, danke, alles gut."

„Dann erzähl mir bitte, warum du mitten in der Nacht bei mir sturmklingelst und von einem Verfolger faselst."

„Ich war in der Schule, bei Benny. Also halt da, wo sie die Kerzen und die Bilder aufgestellt haben. Mit dem Fahrrad."

„Und wieso so spät?"

„J-jemand hatte mir geschrieben, ich soll ihn da treffen. Er wüsste, wer es war und hätte auch Beweise."

„Und das hast du ihm geglaubt?"

„Ich war völlig fertig, ok? Ich war total neben mir, irgendjemand anderes. Ich wollte es für Benny tun."

„Und was ist dann passiert?"

„Als ich ankam, war keiner da. Alles war dunkel, nur die paar Kerzen brannten. Und gerade, als ich wieder enttäuscht gehen wollte, kam plötzlich jemand aus dem Gebüsch. Ich sprach ihn an, aber er reagierte nicht. Dann stürmte er auf einmal auf mich los und ich sah ein Messer in seiner Hand."

Andy unterbricht kurz. Die Fassungslosigkeit steht mir wieder einmal ins Gesicht geschrieben. Es wirkt so surreal.

„Er, er ging auf mich los. Ich schaffte es, ihn von mir fern zu halten und konnte ihn zu Boden stoßen. Ich griff mir mein Fahrrad und fuhr los. Er rannte mir hinterher, aber ich weiß nicht wie weit. Ich kam hier her, weil es zu mir ja noch ein Stück weiter ist."

„Ach du scheiße, Andy, ist das wirklich dein ernst?"

„Ja, schau."

Er zeigt mir mehrere Kratzer an seinen Armen und Schnitte in seiner Jacke.

„Hast du ihn erkannt? Oder hast du seine Nummer noch? Du musst sofort zur Polizei!"

„Nein, ich hab gar nichts, Er trug eine Kapuze und hat mir im Internet anonym geschrieben. Ich habe nur das hier."

Er kramt in seiner Hosentasche und reicht mir einen braunen Knopf.

„Den hab ich ihm wohl irgendwie ausgerissen."

„Da sind doch bestimmt Fingerabdrücke drauf!"

„Hab ich auch schon gedacht, aber wie oft nutzt du die Knöpfe an deiner Jacke, wenn sie auch einen Reißverschluss hat?"

„Wir müssen es wenigstens versuchen!"

„Nimm ihn mit, mach damit was du willst."

„Willst du nicht wissen, wer es war?"

„Ich will ihn nicht wieder sehen, reicht das?"

„Bist du dir überhaupt sicher, dass es ein 'er' war?"

„Naja, wenn, dann war er so alt wie wir."

„Meinst du, er hat auch...?"

„Es... ist gut möglich."

„Aber warum? Was habt ihr ihm getan?"

„Wenn ich das wüsste."

Keine fünf Minuten später kommen meine Eltern heim. Da nur mein Vater getrunken hat, kann meine Mutter ihn nach Hause fahren. Den wahren Grund seines Besuchs verschweigen wir aber. Das würde nur Panik verursachen. Denn sie würden sich dasselbe fragen wie ich: Bin ich dann der Nächste?

22:43 Uhr

Ich hatte kaum geschlafen und habe dann beschlossen, Lisa von der Sache zu erzählen. Sie sagte, wir sollten uns heute treffen, aber ich bestand darauf, dies nicht in der Öffentlichkeit zu tun. Daher stehe ich jetzt vor der Tür ihrer Wohnung. Es ist nicht gerade die schönste Gegend hier. Ich läute und sie bittet mich herein. Ihre Kapuze trägt sie sogar hier drinnen. Gemeinsam gehen wir auf ihr Zimmer. Wie der Rest der Wohnung ist es nicht gerade groß, aber dennoch gemütlich.

„Setz dich auf den Stuhl da, ich hab extra aufgeräumt.“

„Danke. Wäre aber nicht nötig gewesen.“

Ich nehme Platz und Lisa setzt sich auf ihr Bett, da es sonst keine weitere Sitzmöglichkeit gibt. Es ist schon lange her, dass ich im Zimmer eines Mädchens war.

„Warum durfte ich erst so spät kommen?“, frage ich sie, nachdem ich mich fertig umgeschaut habe.

„Weil meine Mutter Nachtschicht hat und ich nicht weiß, wie sie auf Jungsbesuch reagiert hätte.“

„Hattest du schon andere zu Besuch hier?“

„Nicht mehr seit der fünften Klasse.“

„Verstehen. Aber sag Mal, wo ist eigentlich dein Vater?“

„Er… ist weg.“, antwortet sie nach kurzem Zögern.

„Hat er euch verlassen?“

„So Ähnlich. Ich, ähm, besuche ihn hin und wieder.“

Das scheint mir nicht das richtige Thema zu sein. Wir kennen uns noch nicht lange genug für so private Dinge.

„Wolltest du mir nicht noch was erzählen, Lisa?“

„Ich? Ich wollte nur, dass du kommst, dass du nicht alleine bist, weil wegen gestern und so. Wie geht’s eigentlich Andy?“

„Ich vermute, er wird sich nicht mehr aus seinem Zimmer heraus bewegen.“

„Und ihr wollt wirklich nicht die Polizei einschalten?“

„Was würde das bringen? Anscheinend versuchen sie ja schon alles. Und da er ihn nicht erkannt hat, kann er auch nicht weiter helfen.“

„Hat er vielleicht etwas … verloren?“

„Wie verloren?

„Ach, vergiss es, ist nicht wichtig.“

„Wir müssten selber versuchen, ihn zu finden. Und wenn wir ihn haben, dann können wir den Rest die Polizei machen lassen. Wir brauchen Beweise. Oder ein Geständnis.“

„Zuerst brauchen wir einen Verdächtigen.“

„Der Typ mit der Kapuze. Wenn es ein Typ war.“

Ich schaue mich nochmal um. Wieder fällt mir die Sache mit Lisa und den Träumen ein. Ich suche nach Hinweisen dafür in ihrem Zimmer, aber kann nichts finden. Also muss sie mir mehr darüber erzählen.

„Lisa?“

„Ja?“

„Also ich darf dich nicht fragen, in jemandes Traum einzudringen, aber darf ich dir dann noch ein paar allgemeine Fragen dazu stellen?“

„Du darfst Fragen, aber erwarte nicht zu allem eine Antwort.“

„Weil irgendwie habe ich immer noch Zweifel. Ich sage nicht, dass du lügst, aber es wirkt einfach immer noch so unglaublich.“

„Deshalb erzähle ich es auch eigentlich niemandem.“

„Ist… ist es das Bett? Ist das ein besonderes?“

„Ein besonders billiges, aber sonst ist es ganz normal.“

„Also ist es nicht das Bett?“

„Theoretisch kann ich es überall machen.“

„Ok, was ist es dann? Wie machst du es? Denkst du einfach an die Person während du im Bett liegst?“

„Nein, es ist etwas komplizierter.“

„Lisa, bitte, wie machst du es?“

Sie schaut mich an. Das ist der Moment der Wahrheit. Noch bin ich mir aber nicht sicher, ob ich diese wirklich wissen möchte. Was, wenn sie doch lügt? Ich kenne sie keine Woche und trotzdem hat sie mich zu ihr eingeladen. Sie vertraut mir, also sollte ich auch ihr vertrauen. Plötzlich steht sie auf und geht an mir vorbei zu einer alten Holzkommode. Sie öffnet die oberste Schublade, nimmt etwas heraus und steckt es in die Hosentasche.

„Damit.“, sagt sie und deutet in das Fach hinein.

Vorsichtig stehe ich auf und nähere mich. Ich habe keine Ahnung was mich erwartet. Womit kann man in Träume eindringen, das aber gleichzeitig in so eine Kommode passt? Ich blicke hinein und erkenne nur Chaos. Stifte, Radiergummis und andere Schulutensilien liegen wild verstreut zwischen Münzen, Heftklammern, kleinem Plastikspielzeug, dazwischen mal ein Buch oder Schuhe. Außerdem Deos, Münzen, Streichhölzer und Feuerzeuge. Sogar ein USB-Stick und eine Packung Kaugummi sind dabei. Bestimmt fünf Minuten stehe ich sprachlos davor.

„Nicht ganz das, was du erwartet hast, oder?“, frag Lisa dann.

„Sag mal, soll das ein Witz sein? Was ist das für ein Müll?“

„Damit gelange ich in die Träume anderer.“

„Wenn das ein Scherz sein soll, finde ich ihn nicht lustig. Oder ich verstehe ihn nicht.“

„Das ist mein voller Ernst.“

„Gut, dann musst du mir auch das erklären.“

„Siehst du die Büroklammer da? Wenn ich mich nachher ins Bett lege und diese dabei in der Hand halte, dann lande ich ihm Traum von Herrn Gölz.“

„W-was? Ich mein, wieso? Wie machst du das?“

„Also wissen tu ich es auch nicht, aber ich habe mir über die Jahre ein paar Theorien überlegt.“

„Aha“

„Am wahrscheinlichsten ist, dass diese Dinge irgendwie ein Brücke zum Unterbewusstsein der Personen sind, der sie gehören. Und ich kann über diese Bindung dann in ihre Träume eindringen. Klingt komisch, ist aber so.“

Das muss ich erstmal kurz verarbeiten. Vermutlich würde ich das niemand anderem glauben außer ihr.

„Ja, das klingt wirklich sehr komisch.“

„Siehst du hier in die Trennlinie, links davon sind die nützlichen Dinge und rechts sind die Objekte von Leuten, die sehr schöne oder halt besondere Träume hatten.“

„Was meinst du mit „nützlich“?“

„Um bei der Büroklammer zu bleiben: Wenn bei Herrn Gölz mal wieder eine Klassenarbeit ansteht, besuche ich ihn in den Nächten davor in seinen Träumen und frage sein Unterbewusstsein nach den Aufgaben aus. So weiß ich diese dann schon vorher und kann mich gezielter vorbereiten.“

„Aber merkt er das denn nicht? Ich meine, ich konnte mich ja an unseren Traum erinnern.“

„Ich weiß nicht ob er sich daran erinnern kann, aber was denkst du wäre los, wenn er sagt, dass er von einer seiner minderjährigen Schülerinnnen geträumt hat? Diese Peinlichkeit möchte er sich vermutlich ersparen.“

„Und das machst du auch bei anderen Lehrern?“

„Mittlerweile habe ich von allen ein Objekt, ja.“

„Und die sagen auch nichts?“

„Die meisten können sich einfach nicht an ihre Träume erinnern. Du konntest es, weil du das vermutlich trainiert hast, oder?“

„Naja, trainiert nicht, aber mich hat das schon immer fasziniert. Deshalb vermutlich auch mein Interesse an dir. Apropos, wo ist eigentlich mein Objekt? Und was ist es überhaupt?“

„Das lag bei den schönen Träumen und ist jetzt in meiner Tasche.“

„Wieso?“

„Wenn du es siehst oder weißt, was es ist, dann funktioniert es nicht mehr. Es geht nur mit verlorenen Gegenständen. Wenn die Person weiß, dass es jemand anders hat, geht die Bindung verloren. Deshalb geht es auch nicht mit verschenkten oder geliehenen Dingen.“

Das ist mehr oder weniger das, was ich hören wollte. Aus meiner Hosentasche ziehe ich ein Objekt, dass jemand verloren hat und das uns helfen wird.

„Was ist das?“, fragt Lisa, als ich es ihr hinhalte.

„Den hat mir Andy gegeben.“

„Und?“

„Er muss sich von dem Typen letzte Nacht gelöst haben, als er Andy angriff.“

„Und jetzt soll ich…?“

„Ich bitte dich um mehr als alles andere darum.“

Sie starrt den Knopf schweigend an.

„ Kannst du es vielleicht jetzt gleich tun? Also noch diese Nacht.", frage ich sie.

„Klar kann ich das."

„Es braucht also keine weiteren Vorbereitungen?"

„Nein, ich kann loslegen, sobald du gegangen bist."

„Ich dachte, ich könnte vielleicht hier bleiben und..."

„Und was?"

„Naja, damit ich halt nicht warten muss, bis du mir schreibst oder wir uns wieder sehen. Ich möchte gleich wissen, wer es war, falls du das herausfindest."

„Und was willst du so lange machen?"

„Ich, ähm, setz mich halt hier hin und warte, bis du wieder aufwachst."

„Du willst mir beim schlafen zuschauen?"

„Ähm, so ähnlich?"

„Hast du eine Ahnung wie gruselig das ist?"

„Ja schon, soll ich lieber draußen warten?"

„Dann bemerkt dich meine Mutter."

„Ich nehme den Stuhl und setz mich ans andere Ende des Zimmers?"

Lisa seufzt. Sie scheint nicht sehr angetan zu sein von meinem Vorschlag.

„Das ist dein ernst, oder? Dir ist das verdammt wichtig."

„Es geht um meinen besten Freund, Lisa. Wenn es eine Möglichkeit gibt, seinen Mörder zu finden, dann bin ich ihm schuldig, Alles in meiner Macht stehende zu tun."

„Wenn das klappt, dann schuldest du mir was."

„Alles, was du willst."

„Warum lasse ich mich überhaupt darauf ein...", murmelte sie vor sich hin, als sie die Schublade wieder schließt, „Ich kenne dich doch kaum."

„Du weißt schon viel über mich, Lisa, Erinnere dich, was ich dir schon erzählt habe und was du in der kurzen Zeit schon alles mit mir erlebt hast. Viel mehr gibt‘s über mich auch nicht zu wissen."

„Es... es fühlt sich nur ein wenig so an, als würdest du mich ausnutzen wollen."

„Halt. Stop. Auf keinen Fall, Lisa. Wenn du das nicht tun möchtest, dann lass es. Ich finde auch einen anderen Weg. Niemals möchte ich, dass du dich zu etwas gezwungen fühlst, dass du nicht tun willst."

„Passt jetzt schon."

„Ich kann auch gehen. So wie es für dich am einfachsten ist."

„Nein, mit deiner Anwesenheit habe ich mich jetzt schon abgefunden."

„Ich komm morgen früh wieder und dann erzählst du mir alles und dann-"

„Bleib hier. Bitte."

„In Ordnung.", sage ich lächelnd und sie lächelt zurück.

„Also, nimm den Stuhl und setz dich so, dass du zum Fenster rausschaust."

„Warum darf ich nicht in dein Zimmer sehen?"

„Soll ich in meiner Jeans und meinem Pulli schlafen?"

„Was? Oh, klar, verstanden."

Ich nehme meinen Platz ein und sie schaltet das Licht aus. Das Fenster aber reflektiert das Zimmer hinter mir. Ich sehe, wie sie die Kapuze abnimmt und ihre roten Haare das Zimmer sichtbar erleuchten. Woher sie diese Farbe haben ist mir immer noch ein Rätsel. Doch durch das Leuchten spiegelt das Fenster noch mehr. Lisa dreht sich mit dem Rücken zu mir, zieht den Pullover über den Kopf, wirft ihn in einen Wäschekorb, dreht sich wieder zu mir um und-

„Beobachtest du mich mit dem Fenster?", fragt sie plötzlich erregt.

„Was? Nein! Ich hab sogar die Augen zu, schau!"

„Das will ich auch hoffen."

Ich höre, wie sie sich schnell noch die Hose auszieht und sich dann unter die Bettdecke legt.

„In Ordnung. Lass bitte noch den Rollladen runter und dann kannst du dich meinetwegen wieder umdrehen."

„Mach ich, danke."

„Also, versuchst du auch zu schlafen auf dem Stuhl?"

„Ich könnte es probieren, aber ich bin viel zu angespannt um jetzt zu schlafen. Außerdem möchte ich sofort da sein, wenn du aufwachst und es weißt. Es kann manchmal nämlich sehr schwer sein, mich zu wecken."

„Na gut. Ich würde dir ja ne Matratze anbieten, aber wir haben leider keine Weitere. Auch keinen Schlafsack oder so."

„Macht nichts. Kümmere dich nicht um mich. Zieh dein Ding durch und vergiss alles Andere um dich herum."

„Gute Nacht, Jack."

„Schlaf schön, Lisa."

Mittwoch, 01:01 Uhr

Seit über einer Stunde sitze ich nun hier. Mittlerweile habe ich meinen Eltern Bescheid gesagt, dass ich heute Nacht bei einem Freund übernachte. Lisa ist sehr unruhig. Ziemlich genau alle 90 Sekunden dreht sie sich von der einen auf die andere Seite. Vermutlich schläft sie noch nicht mal.

„Ich kann das nicht, Jack, ich schaff das einfach nicht.", flüstert sie plötzlich.

„Was schaffst du nicht?", frage ich nach.

„Zu schlafen, während du hier bist. Es liegt nicht an dir, aber das ist einfach zu ungewohnt."

„In Ordnung, dann gehe ich wohl besser."

„Nein! Es muss eine andere Möglichkeit geben."

„Die wäre?"

„Hmm. Ah! Ich nehme ne Schlaftablette, das hat noch immer geklappt."

„Sag mir wo die sind, dann hol ich sie dir. So musst du dich nicht nochmal anziehen."

„Danke. In der Küche hängt ein kleines Schränkchen mit allen möglichen Tabletten. Die Richtigen müssten gleich vorne dran liegen."

01:36 Uhr

Lisa schläft tief und fest. Ganz ruhig liegt sie da, mit dem Kopf in den ihren Haare gebettet. Da sie es nicht merken wird, rutsche ich mit meinem Stuhl näher zu ihrem Bett, bis ich direkt daneben bin. Sie ist wunderschön, auch wenn sie schläft. Leider versteckt sie sich immer unter ihrer Kapuze. Trotzdem ist sie ein tolles Mädchen. So nett und hilfsbereit war nicht Mal meine Ex-Freundin. Doch langsam macht sich die letzte Nacht, in der ich auch schon kaum geschlafen hab, bemerkbar.

Lisa steht auf dem Pausenhof. Ich komme gerade aus dem Schulgebäude und laufe von hinten auf sie zu. Sie hört mich und als ich hinter ihr stehe, tippe ich ihr auf die Schulter.

„Jack? Was machst du hier? Wie bist du hier her gekommen?"

„Wie bin ich wo hin gekommen? Was ist hier los?"

„Jack, wieso bist du in meinem Traum?"


Plötzlich wache ich auf. Sofort blicke ich zu Lisa. Sie ist ebenfalls wach und schaut mich fassungslos an. Dann merke ich, dass meine Hand etwas zu berühren scheint.

„Was ist gerade passiert?"

„Du, du warst in meinem Traum. Und du weißt es. Du warst mit deinem Unterbewusstsein in meinem Traum. Und ich konnte dich sehen. Ich konnte mit dir reden. Aber ich konnte dich nicht kontrollieren."

„W-weil wir uns berührt haben b-bin ich...?"

„Das ist die einzige logische Erklärung. Wow, das ist was Neues. Das habe ich echt noch nie erlebt."

„Ist das was Gutes?"

„Gut? Es kann ganz praktisch sein. Aber wie gut das ist, werden wir noch sehen. Fakt ist aber, der Knopf bringt nichts. Er muss bemerkt haben, dass er fehlt und, dass Andy ihn mitgenommen haben muss."

„Dann war es das?", frage ich enttäuscht.

„Ich kann nichts tun, tut mir Leid."

„Verdammt. Was jetzt?"

„Ich weiß es nicht, Jack. Ich denke, du solltest gehen und dann sehen wir Morgenfrüh weiter. Vielleicht gehen wir doch einfach zur Polizei. Die finden eventuell Fingerabdrücke da drauf."

„Nein, die werden vor allem meine finden und ich will mich nicht noch verdächtiger machen."

„Solltest du ihnen nicht Alles erzählen, was irgendwie helfen könnte?"

„Lass das mein Problem sein, Lisa."

„Na gut. Ich meinte ja nur."

„Ich hatte echt gedacht, dass wir das mit dem Knopf schaffen. Ich meine, wir hätten unbeschränkten Zugang zu seinem Unterbewusstsein gehabt, oder?"

„Theoretisch schon."

„Es hätte uns Alles erzählt, stimmt's? Motiv, Tathergang und so weiter."

„Vermutlich könnte es dir sogar auf sie Sekunde genau erzählen, wann was passiert ist."

„Ach Mist. Wenn sich Andy nur sein Gesicht gemerkt hätte und-"

„Warte, er hat sein Gesicht gesehen?", unterbricht mich Lisa.

„Ich vermute es? Er hat nichts von einer Maske, nur einer Kapuze, erzählt."

„Öffne die Schublade und gib mir das kleine pinke Pony."

„Das hier?"

„Ja, gib her."

„Und jetzt?"

„Komm her und schlaf mit mir."

„W-was? Denkst du nicht, dass es dafür noch etwas früh- oh du meinst hier neben dir im Stuhl oder?"

„Was hast du denn gedacht?"

„Ach, ähm, gar nichts."

„Hier, nimm meine Hand."

„Gerne.“

Ihre Hand ist unglaublich weich und ihre Haut ganz zart. Das Gefühl ist überwältigend. Langsam breitet sich die Gänsehaut von meinem linken Arm über meinen ganzen Körper aus. So nah war ich Lisa noch nie, wenn wir unseren ersten Traum mal außer Acht lassen. Ob ich so überhaupt einschlafen kann? Ob sie so einschlafen kann? Ok, sie schläft schon wieder. Die Tablette wirkt also noch. Vorhin muss meine Hand zu ihrer gerutscht sein. War das wirklich der Grund für mein Erscheinen in ihrem Traum? Sie wird schon wissen, was sie hier tut. Der Stuhl ist extrem ungemütlich und mir schmerzt schon der Rücken, aber ihre Hand in meiner zu spüren lässt mich das vergessen.

„Jack! Da bist du ja! Hat es funktioniert?“

„Ich- ich weiß nicht, hat es?“

„Sieht so aus! Wow, das ist unglaublich! Ich hätte nie gedacht, dass das geht.“

„Das was geht?“

„Ok, bleib ruhig, beim ersten Mal ist das heftig.“

„Was redest du da, Lisa?“

„Jack, du bist in einem Traum.“

„Ich bin-? Was?“

Geschockt schaue ich mich um. Anscheinend befinden wir uns im Stadtpark unten am Fluss. Ich weiß nicht wie oder wann ich hier her gekommen, es muss also tatsächlich ein Traum sein.

„Wo ist deine Kapuze?“

„Die trage ich in Träumen nie. Damit man mich nicht erkennt.“

„Wie soll man dich mit solchen außergewöhnlichen Haaren nicht erkennen?“

„Dafür trage ich wenn ich raus gehe immer eine Kapuze, damit niemand meine Haare sieht.“

„Warum machst du es nicht andersrum?“

„Im Traum kann ich nicht immer sicher sein, dass ich eine Kapuze tragen kann. Ich muss mich der Situation anpassen. Außerdem, manchmal war ich schon in Träumen, in denen ich nicht einmal ein Mensch war.“

„Verstehe.“

„Weißt du, wo wir hier sind?“

„Das ist der Park, nicht weit von Andys Zuhause. Er kommt oft hier her zum Enten füttern. Ist ein ziemlicher Tierfreund.“

„Ist er das da vorne, auf der Bank?“, fragt Lisa und deutet hinter mich.

Daraufhin drehe ich mich und erblicke auch die Bank, die sie meint, doch kann ich niemanden darauf sitzen sehen.

„Sucht ihr nach mir?“, fragt plötzlich eine Stimme neben mir.

„Andy, da bist du ja.“, sage ich als ich ihn bemerke.

„Wer ist das? Was macht ihr hier?“, fragt er.

„Du erinnerst dich doch bestimmt noch an Lisa, oder? Und wir sind hier, um dich etwas zu fragen.“

„Schieß los.“

„Ähm, Lisa? Möchtest du das übernehmen? Du hast damit bestimmt Erfahrung.“

„Geht klar.“

„Gut.“

„Also, Andy, letzte Nacht, da warst du doch in der Schule, oder?“, fragt sie und überlegt sich ihre Worte dabei genau.

„Jo.“, antwortet er kurz.

„Und da hast du dich doch mit jemanden getroffen, oder?“

„Jop.“

„Dieser jemand trug dabei eine Kapuze, stimmt das?“

„Richtig.“

„Kannst du uns vielleicht trotzdem beschreiben, wie er aussah?“

„Warte kurz.“, sagt er und hat plötzlich ein Blatt Papier und einen Bleistift in der Hand.

Er dreht sich von uns weg und beginnt zu zeichnen. Lisa und ich schauen uns nur verdutzt an. Nur ein paar Sekunden dauert es, bis er mir sein Kunstwerk präsentiert. Die Zeichnung sieht aber nicht wie seine sonstigen Versuche aus dem Kunstunterricht aus, sondern viel mehr wie ein Screenshot aus einem HD-Video. Zu erkennen ist ein bisschen mehr als das halbe Gesicht des Angreifers.

„Danke Andy, das ist klasse!“

„Gern geschehen.“

„Aber wer ist das? Hier Lisa, kennst du den?“

„Zeig mal.“, sagt sie und greift nach dem Blatt.

Doch noch bevor sie es richtig angeschaut hat, kann ich das Entsetzen in ihren Augen sehen.

„Was ist Lisa, kennst du ihn?“

Sie lässt das Bild fallen. Langsam macht sie ein paar Schritte zurück, bis sie stolpert und…

…ich wache in meinem Stuhl auf. Auch Lisa ist wach, doch sie zieht unverzüglich die Bettdecke über ihren Kopf.

„Lisa, was ist los?“

„Verschwinde! Los, raus hier! Raus aus meinem Zimmer!“, ruft sie verheult unter der Decke hervor.

„Ok, ok, ich bin schon weg.“

„Ich meine das ernst!“

„W-wir sehen uns, denke ich mal“

„Raus!“

15:30 Uhr

Es war schwer meinen Eltern zu erklären, warum ich mitten in der Nacht doch noch nach Hause gekommen bin. Sie nahmen es aber viel gelassener als ich es je erwartet hätte. Nicht so ich. Ich bin wach seit ich von meinem Traum mit Lisa und Andy aufgewacht bin. Ihre Reaktion hat mich so geschockt und ihr Blick, als sie das Bild sah, lässt mich einfach nicht los. Sie kennt ihn. Sie weiß ganz genau, wer Andy angegriffen und somit wahrscheinlich auch Benny ermordet hat. Leider hat sie sich noch nicht gemeldet. Doch selbst wenn sie mir seinen Namen nennen kann, habe ich noch nichts gegen ihn in der Hand. Phantombilder von einem träumenden Unterbewusstsein sind vor Gericht vermutlich nicht tragbar. Wir brauchen mehr. Plötzlich vibriert mein Handy. Unter Lisas Nummer wird eine Nachricht angezeigt:

„Steig in den Zug der um kurz nach 16 Uhr abfährt. Ich werde dann hier zusteigen. Wir fahren nach Ulm.“

Ich hinterfrage das nicht weiter, denn sie scheint einen Plan zu haben. Doch ich muss mich beeilen, um rechtzeitig dort zu sein.

16:18 Uhr

„Jack, wach auf.“, flüstert mir Lisa ins Ohr als sie mich von der Seite umarmt.

Ich bin tatsächlich in den paar Minuten Fahrt eingeschlafen.

„Oh, hallo Lisa. Tut mir Leid, ich hab so wenig geschlafen in den letzten Tagen.“

„Macht nichts.“, antwortet sie und lässt mich wieder los.

„H-hast du dich wieder beruhigt? Geht’s dir wieder gut? Weil heute Nacht warst du ja plötzlich so … aufgebracht.“

„Ja, hey, sorry deswegen. Das… das war einfach zu viel auf einmal. Ich hätte nicht so gemein zu dir sein dürfen. Du kannst ja nicht wirklich was dafür.“

„Alles gut.“

„Danke.“

„Also,“, fange ich an, doch mache dann lieber nochmal eine Denkpause, „du hast die Person erkannt? Die auf Andys Bild?“

„Ja.“

„Wer ist es?“

„Du kennst ihn vermutlich nicht.“

„Wie heißt er?“

„Das bringt dir nichts.“

„Mir nicht, aber der Polizei.“

„Die kann dir da auch nicht helfen.“

„Wieso nicht?“

„Du hast nichts gegen ihn in der Hand?“

„Wohin fahren wir dann gerade? Und weshalb?“

„Wir holen uns Beweise.“

„Wie willst du das tun? Wenn du ihn kennst, kannst du dann nicht irgendwie in seinen Traum gelangen?“

„Das ist mein Plan, aber ich habe nichts mehr von ihm.“

„Dann sag mir doch bitte was wir hier tun.“

„Wir gehen in seinen Traum. Durch unsere Entdeckung letzte Nacht können wir sogar gemeinsam mit.“

„Kannst du das jetzt plötzlich auch ohne ein Objekt von ihm?“

„Nein. Aber ich kenne da jemanden.“

Ende Kapitel 2.


© Chads

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